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Backhausfest – Wenn der Schornstein raucht

Ein Beitrag von Kurt Lautensack

Wenn der Schornstein schon mehrere Tage raucht, dann ist das ein untrügliches Zeichen für das Backhausfest, das natürlich im Jubiläumsjahr nicht fehlen darf.

Gompertshausen – Nach dem die Gemeinde bereits 1706 schriftlich beurkundet, von Herzog Ernst von Sachsen das Braurecht verliehen bekam, da fehlte eigentlich nur noch ein eigenes Dorfbackhaus. Und nein, es hat natürlich nichts mit der 1848er Revolution zu tun, aber eine revolutionäre Errungenschaft war es schon, als vor mittlerweile 171 Jahren in der Ortsmitte von Gompertshausen ein neues Backhaus für die ganze Gemeinde gebaut wurde. Und es wurde reichlich von allen Einwohnern genutzt.
Chronisten berichten, das überliefert sei, dass der Backofen das ganze Jahr über nicht kalt wurde. Vor allem wenn Familienfeiern anstanden, ob Konfirmation oder Hochzeit, oder auch vor der Kirmes, die damals noch im Herbst stattfand, da wurde gebacken was der Ofen hergab. Später kamen mit der Familie Schenk und Schumann zwei Bäckereien im Ort dazu, so dass das Brotbacken entfiel. Doch zu Festlichkeiten war das Backhaus immer noch gefragt, um Kuchen zu backen, bis auch das allmählich nachließ.
Doch ganz vergessen wurde das Dorfbackhaus nicht und so hatten einst die Frauen des Frauenbundes die Idee ein Backhausfest für die Einwohner ins Leben zu rufen. Mit der im Jahr 2002 erfolgten grundhaften Sanierung des Backhauses lebte die alte Tradition wieder auf und zwei junge Männer, Egon Weißmann und Michael Specht, starteten die ersten Backversuche. Das kam an und so besannen sich die Gompertshäuser auf ihre Fähigkeiten und gründeten 2006 den „Backverein Gompertshausen“, dem mit Michael Specht als Vorsitzenden sogar ein gelernter Bäcker vorstand. Inzwischen ist das Backhausfest nach der Kirmes ein absoluter Höhepunkt im August, der von hunderten Gästen alljährlich besucht wird, weil es eben auch die Menschen wieder zusammenführt.

Das Gompertshäuser Backhausfest zog wieder viele Gäste aus nah und fern

Das Gompertshäuser Backhausfest zog wieder viele Gäste aus nah und fern

Denn es ist eine Freude mitzuerleben, wie die Leute aufeinander zugehen und sich freudig begrüßen, ob sie nun aus umliegenden Orten, aus der Region oder von weiter her kommen. Gelebtes Brauchtum und nicht vergessene Traditionen machen es möglich und so soll es auch sein. Und dass man beim Detscher, grünen Kuchen (Petersilienkuchen), Brot- oder Zwiebelkuchen ein wenig Zeit in der Schlange mitbringen muss, ist nicht zu umgehen. Manche nehmen es gelassen und geduldig hin und teilen diese Meinung, andere ziehen dann eben den nassen Kuchen oder das Steak ohne Wartezeit vor. Aber der Backofen umfasst nun einmal nur eine beschränkte Anzahl an Blechen. Doch wo gibt es schon ein Backhausfest, bei dem es keine Wartezeit gibt, fragt sich ein Gast, es sei denn, es fehlen die Leute, doch die gab‘s in Gompertshausen reichlich.
Der gesamten Backgemeinschaft, vom Küchen- über das Backhaus- und Verkaufsteam jedenfalls muss ein uneingeschränktes Lob gelten, denn 40 sogenannte „Nasse Kuchen“, 100 Brote und ca. 150 oben genannte Detscher und andere Kuchen wollen schmachhaft vorbereitet, aufgerollt und zurechtgemacht und schließlich gebacken werden. Ebenso gilt ein Dankeschön vom Vereinsvorstand allen Helfern, ob bei der Vorbereitung, am Rost oder am Ausschankwagen.

Die Männer des Backhausvereins mit heißbegehrten "Detschern"

Die Männer des Backhausvereins mit heißbegehrten “Detschern”

Und ein Backhausfest ohne Musik, das geht schon gar nicht. Für schmissige Töne und flotter Blasmusik sorgte die „Gompertshäuser Blasmusik“. Sie trieben die „Gänse raus, in den Wald hinaus“, besangen das schöne Weindorf oder fragten „Kannst du Knödel kochen“ und ließen viele andere Titel folgen, eben passend zum Backhausfest Und ein solches Fest im Jubiläumsjahr hält auch noch eine andere frühere Tradition bereit. So kam Siegbert Oehrl mit seinem Fahrrad als „Polizeidiener“ daher und erinnerte dabei an seinen Opa Alfred Werner, der dieses Amt vor ca. 60 Jahren noch begleitete. Der Polizeidiener hatte nichts mit der Polizei am Hut, sondern er verkündete im Auftrag des Bürgermeisters wichtige Meldungen und Termine der Gemeinde. Dazu brauchte es die „Gemeeklingl“ und eine laute Stimme, um die Meldungen an bestimmten Stellen im Dorf den Leuten kundzutun. Was da manchmal alles auf seinem Zettel stand und welche kleine Episoden ein Polizeidiener auf seiner „Dorfrundfahrt“ erlebte, würde wohl mehr als eine Zeitung füllen.

(Bild- und Textquelle: Kurt Lautensack)