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Modenschau und Kirmes

von Kurt Lautensack:

Plankirmes in Gompertshausen, noch dazu im Jahr eines Doppeljubiläums, das versprach Musik, Spaß und Unterhaltung am laufenden Band, so wie es in den vergangenen vier Tagen der Fall war.

Gompertshausen – Ein absoluter Höhepunkt dieser Kirmes war die von den Gompertshäusern selbst gestaltete Jahrhundert-Modenschau am Freitagabend. Das war eine zweistündige Unterhaltungsshow, die so manche Samstagabendshow der Profis vom Fernsehen übertraf. Und mit DJ Mäurer (Gerd Rottenbacher) moderierte ein echter Freund der Gompertshäuser die Jubiläums-Modenschau, wie er es bereits vor 25 Jahren beim Ortsjubiläum getan hatte.
Zunächst schickte DJ Mäurer Grüße von den Spissern in das Festzelt, da sie ja jetzt auch dazu gehörten. Das war genug der Vorrede und so ließ er lieber Kinder, Frauen und Männer auf dem Laufstieg flanieren, ihr Outfit bewundern und führte die Zuschauer in einem proppenvollen Festzelt durch die Historie der Mode. Möglich gemacht haben es hinter den Kulissen Petra Kurth und ein sehr emsiges Team von ca. 10 Frauen, die sich über Wochen darauf vorbereiteten und im Minutentakt die ca. 20 „Mannequins“, vom Kindergartenkind bis zum Opa oder Oma über den Laufsteg schickten. Was sie dabei präsentierten entstammte alles der heimischen Kleiderkammer vieler Familien, ob es nun die Kleidung um die Jahrhundertwende, das Original-Hochzeitskleid vor 50 Jahren oder die Kinderkleidung im neuen Jahrtausend war.
Es war ein illustrer Spaziergang durch Raum und Zeit, bei dem natürlich der Schwerpunkt verständlicherweise auf dem 20. Jahrhundert lag. Los ging es mit einer Gompertshäuser Tracht, wie man sie ausgangs des 19. Jh. trug, um dann in die Jahre um 1910 und später einzutauchen. Die Mode des Korsett-Tragens war auf dem Rückzug und die Kleidung wurde von einem Stil abgelöst, die den Frauen mehr Bewegungsfreiheit erlaubte. Die männliche Fraktion war eher in graue oder schwarze Anzüge mit Weste, einer Krawatte und Hut gekleidet. Doch so blieb es natürlich nicht und der Knöchelfreiheit bei der Frauenkleidung folgte in den 1920er Jahren schon etwas mehr Bein, die Mode wurde bunter und frischer, so der Moderator. Schließlich hieß es „Veronika, der Lenz ist da“ und den Männern war es langsam vergönnt, die Beine der Dorfschönheiten zu bewundern. Und da jeder Tag einmal zu Ende geht, hieß es runter mit der Kleidung und reingeschlüpft ins Nachtzeug zu einer Zeit, wo auch der Nachttopf Mode war. Selbst Kleidung für Schwangere mit echten Schwangeren boten die Gompertshäuser auf.
Doch was bedeutet eigentlich das Wort Mode und was haben Frauen in der Handtasche, fragte Mäurer zwischendurch. Den Inhalt der Handtasche zu ergründen schickt sich nicht, doch der Begriff Mode richtet sich an das männliche Geschlecht, denn es heißt, „Männer opfern die Ersparnisse“. Die wurden möglicherweise bei den Brautkleidern angegriffen, die aus verschiedenen Jahrzehnten gezeigt wurden, natürlich mit passender Kleidung des Bräutigams an der Seite. Schön war vor allem die Zeit, wenn es hieß, „pack die Badehose oder den Bikini ein“ und ab nach Rieth ins Schwimmbad, denn dort tummelten sich auch gerne die Gompertshäuser. Danach wurde es sommerlich elegant und mit dem Erscheinen der Kataloge hieß es dann: „Das schöne Mädchen von Seite 1“. Dazu gab es natürlich Kindermode für Schule und Freizeit oder schicke Trachtenkleidung für die Jüngsten.
Beim Streifzug durch die Modejahre kam auch die Zeit der Kittelschürzen, die Erntezeit in Gompertshausen in den früheren Jahren, die Kleidung zur Konfirmation oder Jugendweihe mit Weltall, Erde, Mensch unterm Arm. Was natürlich zur Erinnerung an die DDR-Zeit nicht fehlen darf, das waren die Jungpioniere, die FDJ-ler und selbstverständlich die Grenzer, mit deren Hilfe schließlich die Zeltkirmes 1987 aus der Taufe gehoben wurde. Was auch auf dem Laufsteg passierte, es kam beim Publikum bestens an und die Mode-Show lief zur besten Fernseh-Sendezeit.
Der Spaziergang durch die Geschichte der Mode beschränkte sich aber nicht auf Kleider, Anzüge, Bade- oder Urlaubs-Accessoire, sondern eingebunden war zugleich ein Schlagerrückblick durch ein ganzes Jahrhundert, Von der erwähnten Veronika oder dem Charleston über die Straße, die zum Marschieren da ist, über Ganz in Weiß bis zur Jugendliebe und der Musik der letzten Jahrzehnte. Es war einfach einzigartig, wie man selbst an den Folgetagen noch hören konnte. DJ Mäurer und Ortsteilbürgermeister Ullrich Lippmann blieb es vorbehalten, nochmals allen vor, auf und vor allem auch hinter der Bühne für eine super Show und einer tollen Zusammenarbeit Danke zu sagen. Auf Namen soll hier auf Grund der großartigen Beteiligung bewusst verzichtet werden.
Tags zuvor gab es bereits zum Plankirmes-Auftakt einen großartigen musikalischen Einstieg mit der Gompertshäuser Blasmusik bei bester Versorgung durch den Veranstalter der Kirmes, der FFw, dem Feuerwehrverein und allen Mitgliedern, Helfern und Kirmesfreunden. Der Samstag lief zunächst etwas ruhiger an und führte die Kirmesgesellschaft und ihre Gäste dorthin, wo einst alles begann, in die Marienkirche. Nur für die (noch)Nichteingeweihten, Gompertshausen begeht in diesem Jahr sein 900-jähriges Ortsjubiläum und blickt auf eine 300-jährige Kirmesgeschichte zurück. Zumindest lässt das „Kermesglas von 1719“ diesen Schluss als Nachweis zu, auch wenn Kirchweihen, im wahrsten Sinne des Wortes, natürlich schon Jahrhunderte vorher stattfanden. Der erste Kirchenbau geht in Gompertshausen bereits auf das Jahr 1411 zurück und wurde der hl. Maria geweiht. Doch die Kirmestradition wie wir sie überliefert wurde hat sich aus der Kirchweihfeier entwickelt. Und so gehört der Kirmesgottesdienst mit Pfarrer Johannes Heinze ebenso dazu, wie die Kinderkirmes des Kindergartens, die humorvollen und auch informativen „Karmessprüchla“ der Mädchen und Burschen so wie die Kirmespredigt unterm Plaabam. Kirmespfarrerin Annette Böhm machte dabei Pfarrer Heinze keine Konkurrenz, den sie griff in alter Tradition so manche Missgeschicke auf, um sie allen kundzutun. Mit dem legendären musikalischen Frühschoppen wurde das Jubiläum gekrönt.

(Quelle: Kurt Lautensack)